Zum Buch:
Dieses Kinderbuch erzählt eine kluge und poetische Fabel über Freiheit und Fantasie: Die Katze liegt auf einem Ast und genießt die Aussicht. Sie fühlt sich unabhängig und ist ihr eigener Chef. Wen sie überhaupt nicht versteht, ist der Hund. Er sitzt angeleint unter einem Baum und wartet geduldig auf seinen Herrn. Warum ist er nur so ein Sturkopf? Wozu braucht er einen Herrn, wenn er doch unabhängig sein kann? Was denken die anderen Tiere darüber? Leben die Eule, der Fuchs, die Mäuse und die Motten nicht alle in Freiheit? Folglich sinniert die Katze Tag und Nacht über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Tiere. Nur nach den Menschen fragt sie nicht, denn das überlässt sie lieber den Lesern.
Zum Thema:
„Wer ist hier der Chef?“ ist ein unheimliches und realitätsnahes Buch. Wie im wahren Leben mögen und trauen die Tiere einander nicht, fordern sich in Wortwechseln heraus und messen ihre Kräfte, obwohl es dabei nicht um Machtkämpfe geht. Individualität und Selbstbestimmung nehmen in dieser Geschichte ebenso einen hohen Stellenwert ein, wie Freiheit und Unabhängigkeit. Jedes Tier hat seine subjektive Sichtweise auf die Dinge und begegnet der Katze entsprechend mit Gelassenheit, Aggressivität oder purem Desinteresse. So führt die Suche nach der richtigen Antwort zu einer Reihe hochinteressanter Begegnungen, in denen Bart Moeyaert die fabelhaften Eigenschaften der Tiere in Charakterzüge und Eigenwilligkeiten überführt und ihnen zugleich alles Niedliche oder Einfache nimmt, was Kindergeschichten mit sprechenden Tieren normalerweise auszeichnet.
Zum Vorlesen:
Selbstbestimmung und Unabhängigkeit spielen für Kinder ebenso eine große Rolle, wie für die dargestellten Tiere. „Wer hat recht?“, „Muss ich mich unterordnen?“, oder „Wird meine Meinung gehört?“ sind wichtige Fragen, mit denen sie sowohl im Elternhaus als auch in der Schule oder auf dem Spielplatz regelmäßig konfrontiert werden. Es ist wichtig, dass ihre Meinung gehört und respektiert wird, denn oftmals entscheiden Erwachsene einseitig über ihre Köpfe hinweg und wirken damit direkt auf den Alltag und die Lebensqualität der Kinder ein.
„Wer ist hier der Chef?“ ist auf seine eigene Art, leise und ansteckend, ein philosophisches Buch, dass sich mit genau diesen Fragen direkt auseinandersetzt. Individualität sowie die eigene Meinung stehen stets im Mittelpunkt, was die folgende Szene sehr schön zum Ausdruck bringt:
Die Katze begegnet einem Schmetterling, der schlampig in der Gegend umherflattert, Sie fragt ihn, ob er den kürzesten Weg zwischen zwei Punkten kennt, darauf antwortet der Schmetterling, „Natürlich gibt es den, aber warum gibt es auch Umwege, wenn niemand sie nimmt?“
Wer das Buch mit Kindern liest, wird feststellen, dass sie durch die Vielschichtigkeit der Geschichte schnell in ihrem eigenen Denken versinken. In einem ruhigen Moment kann es dann aber passieren, dass sie mit all ihren Gedanken zu Hund, Katze, Schmetterling und Freiheit auf den Vorleser einstürmen.
Einleitende Fragen könnten sein:
- Wer ist der Chef? (im Buch, zu Hause, in der Schule)
- Wer sollte Chef sein? (ich, wir alle, eine bestimmte Person)
- Worüber möchtest du selbst entscheiden? (Kleidung, Essen, Freizeit)
Während der Lesung:
- Lassen Sie die Kinder ruhig mit ins Buch schauen und die Bilder entdecken. Dabei sollten Sie jedoch für Erklärungen und Fragen bereit stehen, da viele Illustrationen sehr düster und unheimlich gezeichnet sind.
Nach der Lesung:
- Gehen sie auf Fragen ein. Erklären Sie, wie wichtig verschiedene Meinungen und Charakterzüge sind und haken Sie nach, wer sich mit welchem Tier am ehesten identifiziert.
Bibliografische Angaben:
Zielgruppe: ab 5 Jahren
Genre: Bilderbuch
Umfang: 64 Seiten
Verlag: Carl Hanser
Jahr: 2013
Themen: Freiheit, Tiere, Hund, Katze
Redakteur: David Kräker